BLUTWURZ 'Tormentill'

  Tormentilla erecta syn. Potentilla erecta

Carl Axel Magnus Lindman, schwedischer Botaniker
Bilquelle: wikibooks.org


Einer Pflanze, die ich in einer Wiese am Ufer eines kleinen Sees im Kinzigtal gefunden habe, möchte ich mich hier ganz besonders widmen, sie gehört zu den schon fast vergessenen Heilpflanzen: Potentilla erecta, ein Fingerkraut, auch "Blutwurz" genannt. 

Warum ich mich ihr widme hat zwei Gründe, erstens nehmen wir gerade das Thema "Pflanzen bei Verdauungsbeschwerden" in meiner Fortbildung durch und zweitens einen eher unangenehmen - mich hats erwischt: "Magen-Darm" wie es so schön heißt. Ich brauche eine Pflanze gegen Durchfall. Und da bietet sich ganz klassisch ein Tee mit Blutwurz an! Interessant, dass ich die gestern entdeckt habe.

Auf den ersten Blick verschwindet das zarte Pflänzchen zwischen den anderen gelben Blüten, dem Löwenzahn und der "Butterblume", dem scharfen Hahnenfuß, doch bei genauerem Hinsehen - durch das Makroobjektiv - bildet sie einen wunderschönen Teppich mit filigranen Fiederblättchen.

Die Blutwurz, Potentilla gehört zu den Fingerkräutern, auch fünf Fingerkräuter genannt. Und diese wiederum gehören zu den Rosengewächsen, ja richtig! Eine große Familie, zu der nicht nur die uns bekannten Zierrosen gehören, sondern auch Brombeeren, Apfel-, Birne, Kirsche - oder der Frauenmantel. Und viele dieser Rosengewächse helfen durch ihren hohen Gerbstoffgehalt bei Verdauungsbeschwerden, wie zum Beispiel die Blutwurz.

Vorkommen

In Mitteleuropa und Asien beheimatet. Wächst klein und polsterartig gerne auf Weiden und Wiesen die öfter gemäht werden. Nasse und trockene Wiesen, vom Flachland bis in die Berge. Halbschattige bis schattige Plätze, gerne am Waldrand.

Botanisches

Sie blüht von Mai bis August. Eine anspruchslose und widerstandsfähige Pflanze mit einem kräftigen und kriechenden Wurzelstock. Angeschnitten tritt aus dem Rhizom ein blutroter Saft aus, weshalb sie schon nach der Signaturenlehre als blutstillendes Mittel verwendet wurde. 

Sie gehört zu den Rosengewächsen (Rosaceae), die in der Pflanzenheilkunde für ihren Gerbstoffgehalt bekannt sind. Außer der Blutwurz ist das noch das nahe verwandte Gänsefingerkraut (Potentilla anserina), der Odermenning (Agrimonia), der Frauenmantel (Alchemilla) und die Brombeere, von der man die Blätter ebenfalls bei leichten Durchfällen (Diarrhoen) verwendet.

Historisches

Schon Dioskurides nutzte die nahe verwandte Potentilla reptans, das kriechende (Fünf)fingerkraut, gegen Durchfälle und auch bei der bakteriellen Krankheit Ruhr. Nach der Signaturenlehre galt sie als blutstillendes Mittel, worauf ihr blutrot gefärbter Wurzelstock hindeutete. Hildegard von Bingen empfahl sie wegen ihrer stopfenden Wirkung gegen Krankheiten, die von verdorbenem Essen herrühren. In den Kräuterbüchern des Mittelalters wurde sie naturheilkundlich beschrieben - bis in die Neuzeit. Der Kräuterpfarrer Kneipp beschreibt die Pflanze als Spasmolytikum bei Bauchkrämpfen. Anwendungsgebiete die sich bis in die heutige Zeit erhalten haben. 

Anwendungsgebiete

Wissenschaftlich anerkannt ist die innere Anwendung von 'Tormentill' (die getrocknete Wurzel) bei akutem Durchfall und leichten Schleimhautentzündungen im Mund- und Rachenraum. 

Auch bei Durchfallerkrankungen, die unspezifisch sind und mit leichten Blutungen einher gehen wurde sie empfohlen, doch da ist Vorsicht geboten, bei Blutungen unbedingt mit dem Arzt abklären! 

Wirkeigenschaften

Blutwurz und ihre Fingerkrautverwandten haben einen hohen Gerbstoffgehalt und damit adstringierende (zusammenziehende) und blutstillende Eigenschaften. Die adstringierende Wirkung spürt man im Mund, ein "pelziges" und trockenes Gefühl auf der Zunge. Sie wird deshalb auch gerne als Heilpflanze bei leichten Blutungen im Mundraum verwendet.  Auch bei Magen-Darm-Blutungen wird sie als sogenanntes Hämostipicum (blutstillendes Mittel) verwendet. Eine andere Bezeichnung ist Hämostatikum.

Pharmakologie

In der Apothekersprache Tormentillae rhizoma genannt, wird arzneilich der Tormentillwurzelstock verwendet. Dieser wird von den äußeren Wurzeln befreit und getrocknet. Die Droge hat einen sehr hohen Gerbstoffgehalt. Mit 15-20% Gerbstoffanteil ist sie mit Abstand die stärkste Gerbstoffpflanze!

Die Gerbstoffe sind sogenannte Adstringenzien, die mit den Eiweißen der oberen Gewebeschichten reagieren. Dadurch verdichten sie sich - sie koagulieren - und bilden zusammenhängende Membranen.

Nebenwirkungen sind keine bekannt. Nur bei empfindlichem Magen oder Reizmagen sollte sie wegen ihres Gerbstoffgehaltes nicht verwendet werden.


Potentilla erecta, Blutwurz. Foto: Ute Mangold

 
Standort der Blutwurz in einer Wiese am Pappelwaldsee, Kinzigtal
Foto: Ute Mangold, wiesengenuss



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