FENCHEL (Foeniculum vulgare L.)

Von Otto Wilhelm Thomé - Prof. Dr. Otto Wilhelm Thomé;
Flora von Deutschland, Österreich und der Schweiz - 1885, Gera, Germany - www.biolib.de, Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=1412282

Berühmt ist das Lob des Fenchels durch Walahfrid Strabo: „Auch die Ehre des Fenchels sei hier nicht verschwiegen; er hebt sich kräftig im Spross, und er streckt zur Seite die Arme der Zweige, sowohl sehr süßen Geschmacks als auch süßen Geruches. Nützen soll er den Augen, wenn sie Schatten trügend befallen, und sein Same, mit Milch einer Ziege getrunken, lockere, so sagt man, die Blähung des Magens und fördere lösend alsbald den zaudernden Gang der lange verstopften Verdauung. Ferner vertreibt die Wurzel des Fenchels, vermischt mit dem Weine getrunken, den keuchenden Husten.“

In den eben zitierten Versen des Walahfrid Strabo, Benediktiner, Dichter, Botaniker sind alle Anwendungen versteckt, die dem Bitterfenchel von der Klostermedizin zugesprochen wurden; die wichtigsten gelten auch heute noch. Der Abt von Reichenau war ein bedeutender Berater der karolingischen Könige (gest. 849).

Hildegard von Bingen schreibt in ihrem Kräuterbuch, dem ersten Buch der ‚Physica’: „Wie auch immer er gegessen wird, macht er den Menschen fröhlich und vermittelt ihm angenehme Wärme und guten Schweiß und eine gute Verdauung.“ Die Verdauung steht dann bei Hildegard ganz im Vordergrund, außerdem gilt ihr Fenchel als ein Mittel zur allgemeinen Stärkung, während der Husten als Einsatzgebiet der Heilpflanze fehlt.

Der mittelalterliche lateinische Name „maratrum“ kommt übrigens von der griechischen Bezeichnung „marathos“. Die Schlacht von Marathon fand demnach auf einem Fenchelfeld statt.

Fenchel in der Antike   

Der Fenchel wird schon seit dem Altertum als Gewürz- und Heilpflanze angebaut. Siehe Geschichte der Kräuter und Heilpflanzen Teil 1. Durch das Edikt Karl des Großen in der "Capitulare de villis" (siehe unten) wurde er auch in Nordeuropa eingebürgert.

Schon Hippokrates empfahl Fenchel. Bei Theophrast und Dioskurides hieß er „marathron“, bei Columella und Plinius foeniculum (später auch feniculum geschrieben). Nach Dioskurides helfen Kraut und Früchte der Milchsekretion, die Blütenstängel abgekocht Blase und Nieren, mit Wein auch bei Schlangenbiss. Bei Husten wurde die zerstoßene Wurzel eingesetzt. 

Dioskurides nennt in seinem Werk ‚De Materia medica’ aus dem 1. Jh. nach Chr. als Einsatzgebiete des Fenchels neben der Förderung der Muttermilch und der Menstruation auch die Behandlung von Nieren- und Blasenleiden. Er spricht von harntreibender Wirkung, der Heilung von Bissen tollwütiger Hunde sowie vom Einsatz in Augenmitteln.

Das erfolgreichste Kräuterbuch des Mittelalters, der ‚Macer floridus’ (11. Jh.) des Odo Magdunensis, wiederholt alle Anwendungen des Dioskurides, betont dabei ganz stark eine zu erwartende Verbesserung der Sehkraft und empfiehlt den Fenchel zudem bei Übelkeit und Magenproblemen.

Fenchel in der Klostermedizin

Hildegard von Bingen kennt Fenchel zur Schleimlösung, Hieronymus Bock schrieb: Die Samen gesotten (gekocht) vertreibt die unnatürliche Hitz des Magens (Sodbrennen), hilft gegen Schlangenbiss und treibt aus andere Gift. Die Volksmedizin kennt ihn vor allem als Mittel bei Blähungen kleiner Kinder und Bronchialkatarrh. In China nimmt man Fenchelsamen als Huai-hsiang gegen Dyspepsie, Cholerine, Nierenleiden und Schlangenbiss.

Der Fenchel wird durchweg als wärmende und trocknende Pflanze betrachtet. Damit ergeben sich aus der Viersäftelehre zwei Hauptanwendungsgebiete: Erkältungskrankheiten und Verdauungsschwäche. Genau diese werden von Walahfrid Strabo angeführt, während Hildegard die verdauungsfördernde Wirkung betont und schreibt: „wenn jemand gebratenes Fleisch oder gebratene Fische oder etwas anderes Gebratenes gegessen hat und davon Schmerzen leidet, dann esse er Fenchel oder seinen Samen, und es wird weniger schmerzen.“ Das ‚Circa instans’ (1150) und das ‚Leipziger Kräuterbuch’ (15. Jh.) nennen wieder beide Bereiche. In nahezu allen Texten - mit Ausnahme derer Hildegards - findet sich der Hinweis auf die milchfördernde Wirkung und die Verbesserung der Sehkraft der Augen.

Fenchel - Botanisches

Ähnlich wie der Anis gehört der Fenchel zur Familie der Doldenblütler (Apiaceae). Der Fenchel (Foeniculum vulgare) ist die einzige Pflanzenart der Gattung Foeniculum innerhalb der Familie der Doldenblütler (Apiaceae). Es ist eine heute weltweit verbreitete Gemüse-, Gewürz- und Heilpflanze. Sie wurde zur Arzneipflanze des Jahres 2009 gekürt.

Die Familie der Doldenblütler stellt zahlreiche aromatische Arznei- und Gewürzpflanzen wie den Anis, den Kümmel oder den Dill. Die Pflanze stammt ursprünglich aus dem Mittelmeergebiet und wurde durch die Klosterkultur nach Mitteleuropa gebracht. Heute wird der Fenchel in ganz Europa, Asien, aber auch in Afrika und Südamerika angebaut. Importe kommen aus Ungarn, Bulgarien und Rumänien, aber auch aus Ägypten und China nach Deutschland.

Standorte und Vorkommen

Wildwachsend bevorzugt er trockene Standorte wie Brachland, steinige Untergründe und Straßenränder. Das ursprüngliche Verbreitungsgebiet des Fenchels umfasst Südeuropa, Nordafrika, Madeira, die Kanarischen Inseln, die Ukraine, Georgien, Pakistan und Westasien. In Großbritannien, auf den Azoren, Kapverden, in Südafrika, in Australien, Neuseeland, Hawaii, Mikronesien, in Mittel- und Südamerika ist er ein Neophyt.

Aber auch in Gärten, wie in meinem, lässt er sich gut anbauen und kommt jedes Jahr wieder. Zwar ist es kein Knollenfenchel, aber seine zarten Blättchen, die Blüten und Früchte würzen wunderbar feine Speisen. Unten ein Rezept aus meinem Wiesengenussblog.

Fenchel in der Kräuterheilkunde

In der Kräuterheilkunde wird nicht die Knolle des Gemüsefenchels genutzt, wie sie im Gemüsehandel angeboten wird, sondern die Früchte (Foeniculi fructus) einer ganz speziellen Unterart, nämlich des „Bitterfenchels“, der botanisch den Namen Foeniculum vulgare MILLER ssp. vulgare var. vulgare (MILLER) THELLING, trägt. Daneben kann auch der Süße Fenchel (var. dulce) eingesetzt werden.

Der große Gelehrte des Mittelalters, der Dominikaner Albertus Magnus (13. Jh.), widmet dem Fenchel kein eigenes Kapitel, sondern behandelt ihn zusammen mit Anis. Tatsächlich haben beide Pflanzen im ätherischen Öl das Anethol als Hauptwirkstoff. In dem Öl des Bitteren Fenchels sind bis zu 70%, in dem des Süßen Fenchels bis zu 90% Anethol enthalten.

Ätherische Öle des Fenchels

Das ätherische Öl des Fenchels fördert die Magen- und Darmbewegung (Motilität) und hat bei höherer Dosierung eine krampflösende Wirkung auf die glatte Muskulatur von Magen und Darm. Bei Verschleimung der Atemwege wird deren Reinigung auf verschiedenen Wegen bewirkt: Zum einen regt das ätherische Öl des Fenchels die Bewegung der Flimmerhärchen in den Atemwegen an (sekretomotorische Wirkung), und zum anderen verdünnt es den zähen Bronchialschleim durch eine gesteigerte Produktion dünnflüssigen Bronchialsekrets (sekretolytische Wirkung). 

Auch eine antimikrobielle Wirkung des ätherischen Öls ist nachweisbar. Fenchel enthält ätherische Öle (Frucht: trans-Anethol, Fenchon, α-Pinen, Camphen, Myrcen, α- und β-Phellandren, α-Terpinen, cis-Anethol, Limonen, Terpinolen, Estragol, p-Cymol; Kraut: α-Phellandren, α-Pinen, cis-Anethol, Myristicin, α-Terpinen, Limonen; Wurzel: Dillapiol, Myrcen, α- und β-Pinen, α- und β-Phellandren, α- und β-Terpinen, Myristicin, cis-Ocimen, Anethol), Kieselsäure, Mineralsalze, Stärke, Vitamin A, B und C. Der Vitamin-C-Gehalt der frischen Pflanze (Blätter) pro 100 g Frischegewicht beträgt 247,3 mg.

 
Fenchelblüte aus meinem Garten, Foto mit Bokeheffekt von Ute Mangold
Bestandteile des Arzneimittels

Fenchel - Pharmakologie

Fenchel wird in der Apothekersprache Foeniculi fructus genannt, was auf die Verwendung der Früchte hinweist. Das Arzneimittel besteht aus getrockneten reifen Früchten von Foeniculum vulgare sowie deren Zubereitungen in wirksamer Dosierung. Die Droge enthält mindestens 4% ätherisches Öl mit höchstens 5% Estragon. Fenchelhonig wird als traditionelles Hausmittel bei Erkältungen und bei Störungen des Magen-Darm-Traktes eingesetzt. vgl. Monografie der Kommission E, veröffentlicht im Bundesanzeiger am 13.03.1990

Wirkungsweise

Die Ätherischen Öle wirken sekretolytisch im Bereich der Atemwege. Wissenschaftlich anerkannt ist zum einen die Anwendung bei Katarrhen der oberen Luftwege. Hier eignet sich neben dem Tee auch der Fenchelhonig, der gerade von Kleinkindern gern eingenommen wird. Zum anderen wird der Fencheltee bei sogenannten dyspeptischen Beschwerden wie leichten, krampfartigen Magen-/Darm-Beschwerden, Völlegefühl und Blähungen empfohlen.

Fenchel fördert die Magen-Darm Motilität. Unter dem Begriff Motilität versteht man die aktiven Bewegungen von Magen und Darm, ohne die der komplexe Vorgang der Verdauung nicht funktionieren würde. Insgesamt wirkt Fenchel spasmolytisch (krampflösend), diuretisch (harntreibend), carminativ (gegen Blähungen) und günstig bei katarrhalischen Zuständen im Magen- und Darmtrakt. Vor allem auch bei Verdauungsstörungen infolge mangelhafter Magensaftsekretion.

Anwendung in der Hausapotheke

In der Volksmedizin ist Fenchel immer noch als Mittel zur Förderung der Muttermilch (Galaktagogum) bekannt und wird auch als Augenwasser bei Sehstörungen und Ermüdung der Augen äußerlich angewendet.

Anwendungsgebiete sind außerdem dyspeptische Beschwerden wie leichte krampfartige Magen-Darm-Beschwerden, Völlegefühl, Blähungen sowie Katarrhe der oberen Luftwege. Für Kinder mit Erkältungen, Schnupfen, Husten eignet sich vor allem Fenchelsirup und Fenchelhonig. Vor allem auch als Tee ist Fenchel beliebt. Doch sollten Fenchelzubereitungen nicht über längere Zeiträume (mehrere Wochen) eingenommen werden.

Fenchel hilft in den Wechseljahren

Fenchel kann die typischen Beschwerden in den Wechseljahren lindern – verkündet die North American Menopause Society. Er ist eine Pflanze, die vielseitig verwendbar ist: als Gemüse, als Gewürz und als Heilmittel. Bekannt ist die Anwendung des Fenchels als Magen-Darm-Tee, der schon Säuglingen bei Blähungen eingeflösst wird. Da der Fenchel jedoch östrogenähnlich wirkende Pflanzenstoffe enthält, hat er sich nun auch als nebenwirkungsfreier Helfer bei Wechseljahresbeschwerden bewährt. Dazu genügte offenbar bereits die Einnahme von zwei Fenchelkapseln täglich. https://www.zentrum-der-gesundheit.de/news/gesundheit/allgemein-gesundheit/fenchel-wechseljahre

Fenchel - Nebenwirkungen

Gegenanzeigen, Wechselwirkungen sind keine bekannt. In Einzelfällen kann es zu allergischen Reaktionen der Haut und Atemwege kommen.
 
Fenchelknolle, Foto: Ute Mangold

Fenchel - In der Küche

Hier kennt man Fenchel als Gemüse, vor allem die Knollen in Salaten, Gemüsegerichten und gedünstet als Beilage z.B. zu Fischgerichten. Die „Fenchelsamen“, die eigentlich die Früchte des Fenchels und vergleichbar mit dem Anis sind. Sie werden manchmal als Gewürz in Schwarzbrot mit gebacken. Bekannt ist der Fenchel auch als Tee, der beruhigend bei Magen- und Darmbeschwerden, wie beispielsweise Völlegefühl, wirkt. Fencheltee gehört neben Pfefferminz- und Kamillentee zu den meistgeschätzten Kräutertees. Oft wird er als Mischung in Kombination mit Anis und Kümmel angeboten.

🌱hier gehts zum Rezept: Jacobsmuscheln mit Fenchelrisotto und Safran

Jacobsmuscheln mit Fenchelrisotto und Safran. Foto: Ute Mangold

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