TANNE & FICHTE als Heilpflanzen

PICEA ABIES syn. PICEA EXCELSA

Franz Eugen Köhler, Köhler's Medizinal-Pflanzen.List of Koehler Images


Aufrichtend bei Rückenschmerzen,
lindernd bei Erkältungen

So könnte man die Wirkung der ätherischen Öle und Harze von Tannen und Fichten wohl am besten beschreiben. Majestätisch aufrecht wie diese Nadelbäume im Gebirge wachsen, so richten sie uns auf, wenn wir unter der Kälte leiden und unser Immunsystem in die Knie gegangen ist. Und dazu noch der wunderbare ätherische Duft, der in natürlichen Tannen- und Fichtenwäldern unsere Lungen reinigen hilft...
"Die Tannenwälder in unseren Gebirgstälern verströmen einen harzigen weihrauchähnlichen Duft und vermitteln mit ihren imposanten Kronen den Eindruck einer großartigen Tannenlandschaft, durch welche die Sonne ihre Strahlen auf den Boden schickt. An ihren natürlichen Standorten wachsen die Tannen zu majestätischen Bäumen heran und können bis zu 50 Meter hoch werden." So heißt es im schweizerischen Alpmed-Ratgeber zur Tanne. 
Dazu eine kleine botanische Anmerkung: Tannen und Fichten werden oft miteinander verwechselt. Die Tannen, genauer als Weißtannen (Abies alba) bezeichnet haben eine hellgrau gefärbte Rinde, einen vogelhorstähnlichen Wipfel und die Zapfen stehen aufrecht, während die Fichten, auch Rottannen genannt (Picea abies), eine rotfarbene Borke haben, pyramidenförmig wachsen und hängende Zapfen. Fichtennadeln laufen dicht spiralförmig um den Zweig, während sie bei der Tanne sind eher parallel angeordnet sind. Beide sind eng miteinander verwandt und gehören zusammen mit den Kiefern, Lärchen, Latschen, Zedern und Douglasien, um die wichtigsten zu nennen, zur Familie der Kieferngewächse (Pinaceae).

Fichtenzweig im Herbst, Haslach im Kinzigtal,
Schwarzwald, Foto: Ute Mangold, wiesengenuss

"Das Wesentliche an den Tannen ist der Bildeprozess ätherischer Öle und balsamischer Harze, das Einverweben kosmischer Wärme- und Lichtprozesse in kühlen Erdzonen. Dazu kommt eine kräftige Vitamin-C-Bildung, die sich überall dort einstellt, wo sich durch ungünstige äußere Lebensbedingungen Stockungen, Verzögerungen der Lebensrhythmen, der Eiweißbildung usw. ergeben würden, von denen sich die Tanne durch das Gegenwirken befeuernder "Sulfur"-Prozesse heilt. Eindrucksvoll steht sie aufrecht mit ihren weitausladenden Ästen da, an denen manchmal lange Flechten hängen." So wird die Heilkraft der stolzen Nadebäume bei Alpmed weiter bildhaft beschrieben.  
Die Tanne und die Fichte als Heilpflanzen

Beide enthalten ein nach Weihrauch duftendes Harz (Terpentin), und eben dieses ist es, was sie als Heilpflanzen so bedeutend macht. Es enthält ätherische Öle, so das aromatisch duftende Fichtennadelöl  Piceae aetherolium (DAB). Nicht nur im Harz ist es enthalten, auch in den frischen Sprossen, Zweigspitzen und Nadeln.
"Die gewaltige Tanne mit ihren natürlichen Aufrichtekräften stärkt den Rücken und richtet die Wirbelsäule auf. Mit ihren ätherischen Ölen und balsamischen Harzen hilft sie vorbeugend bei Arbeiten im Freien, bei nass-kaltem Wetter, bei Sportvorbereitungen. Sie lindert Wetter-Schmerz, wirkt entzündungshemmend und auswurffördernd bei Erkrankungen der Atemwege. Unterstützend bei Rheuma, Husten, Bronchitis, Erkältungen, Gliederschmerzen, Unterkühlung, Zirkulationsstörungen, Durchblutung anregend". Quelle: Alpmed.
Verwendung:  Die frischen Fichtenspitzen (Piceae turiones) und das aus den frischen, zerkleinerten Zweigen und den anhängenden Nadeln durch Wasserdampfdestillation gewonnene ätherische Öl (Fichtennadelöl - Piceae aetheroleum) finden Verwendung in der Heilkunde. Für beide werden identische Anwendungsgebiete beschrieben: Innerlich bei Erkältungskrankheiten der Luftwege. Äußerlich zur Behandlung rheumatischer Beschwerden (Wärmetherapie).
Der wässrige Auszug aus frischen Sprossen ergibt den Fichtennadelextrakt, Pinus abies (hom).
Ebenso können Ölauszüge hergestellt werden, z.B. mit Olivenöl, die sich sehr gut zum Einreiben auf Rücken oder Brust eignen.

Wirkstoffe: Hauptinhaltsstoffe sind ätherische Öle und Harz sowie Vitamine. Daneben enthält die Fichte Gerbstoffe, Ameisensäure, Invertzucker, Saccharose, Picein usw. Medizinisch wirksame Pflanzenteile sind Knospen, Nadeln, junge Triebe, Splintholz, Rinde und Harz. Sammelzeit ist das Frühjahr. Hauptbestandteil des Harzes ist das Terpentin. Es enthält ca. 20 % ätherisches Öl und 70 % reines Harz. (Hengel, 1987). Das ätherische Fichtennadelöl besteht aus einem Gemisch an Monoterpenen, je nach Quelle werden unterschiedliche Angaben gemacht, meist handelt es sich um Bornylacetat, Borneol, Pinen, Camphen, und andere Monoterpene, Frische Fichtenspitzen enthalten neben dem ätherischen Öl sekundäre Pflanzenstoffe wie die Flavonoide und Vitamine wie Vitamin C.

Wirkeigenschaften: Das ätherische Öl wird zum Einreiben bei Atemwegserkrankungen verwendet. Neben der Auswurf fördernden Wirkung ist es wirksam gegen Mikroorganismen. Auch Inhalationen eignen sich bei Erkältungskrankheiten aller Art. Dazu werden einige Tropfen des ätherischen Öls in eine Schüssel mit heißem Wasser gegeben und die aufsteigenden Dämpfe inhaliert. Die durchblutungsfördernde Wirkung des Fichten-, bzw. Tannennadelöl macht man sich bei Muskelverspannungen und Rheuma zunutze. Das Öl kann eingerieben werden oder in ein heißes Bad gegeben werden. Der Sirup aus den jungen Trieben kann innerlich verwendet werden.
Gegenanzeigen gibt es beim bei Asthma oder Keuchhusten, hier kann es zu Krämpfen kommen. Dies gilt jedoch nur für die reinen ätherischen Öle. Für Ölauszüge aus Fichtennadeln sind keine Nebenwirkungen bekannt. Sie können auch bei Kleinkindern und Säuglingen angewandt werden.

Junge Fichtentriebe im Mai
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Ernte & Blüte: Triebspitzen, Tannensprossen von April bis Mai. In der Volksheilkunde wurden die Vitamin C haltigen frischen Sprossen im Frühjahr gegen Skorbut und bei Tuberkulose angewendet.

In der Küche: Die hellgrünen, jungen und noch dichten Triebspitzen der Picea abies schmecken frisch säuerlich und leicht herb zugleich, vergleichbar etwa mit harziger Zitrone. Wir von wiesengenuss stellen daraus im Frühjahr gerne ein Tannenspitzengelee her, das sich gut zu reiferen Käse macht. Auch ein Tannensprossensirup ist sehr lecker, zum Beispiel zu Ziegenkäse oder in einer Salatsauce. Die Sprossen können auch frisch zum Salat gereicht werden oder auch als säuerlich-aromatische Ergänzung zu einem Karottengemüse. Aus den jungen Triebspitzen kann man auch einen Tee zubereiten oder sie zu Schnaps brennen. Die Älteren Nadeln können als Trockengewürz zu Wild- oder Fleischbraten gereicht werden.

Tannenspitzengelee

Zutaten
60 g getrocknete Tannenspitzen
oder 800 g frische Triebe
1 L Wasser
2 L Apfelsaft (naturtrüb)
2 Limetten oder Zitronen in Scheiben (unbehandelt)
2,5 Pk Gelierzucker à 500 g
(bzw. nach Packungsanweisung)

Zubereitung
Die Tannenschösslinge mit den Zitronenscheiben in dem mit Apfelsaft vermischten Wasser aufkochen, den Herd abschalten und zugedeckt etwa 1 Stunde ziehen lassen. Anschließend den Saft durch ein Tuch seihen. Den Sud mit dem Gelierzucker vermischen und aufkochen. Noch heiß durch einen Trichter in sterilisierte Weckgläser füllen und diese sofort verschließen. (Ergibt etwa 3 kg Gelee)

Spruce Beer: Nordamerikanische Ureinwohner verwendeten Fichtensprossen, um daraus ein haltbares Getränk herzustellen, mit dem auch in den Wintermonaten eine Vitamin-C-Quelle zur Verfügung stand. Die Kolonialmächte übernahmen diese Praxis, um Skorbut bei langen Schiffspassagen vorzubeugen.
In angelsächsischen Ländern wird immer noch ein Extrakt aus Fichtennadelsprossen als „Spruce Beer“ getrunken, ein Getränk aus Zuckersirup, Wasser und Hefe, auch wenn dieses auch nicht so populär ist, wie die Erfrischungsgetränke Root und Ginger Beer.


Wissenswertes

In den forstlichen Kulturwäldern Nord- und Mitteleuropa hat eindeutig die Fichte die Vorherrschaft. Erst mit 20 Jahren fängt sie an stark in die Höhe zu wachsen, bis 30 bis 40 m in die Höhe, manche erreichen sogar 50 m. Gemeinsam ist den Tannen, Fichten, Kiefern und Lärchen, dass sie statt Blättern Nadeln tragen und sind immergrüne Gewächse sind - bis auf die Lärche. Sie ist der einzige heimische Nadelbaum, der im Spätherbst seine nadelförmigen Blätter abwirft. Als Heilpflanze haben wir sie hier in unserem Blog zur LÄRCHE bereits beschrieben.

Vanillin: Der Blutungssaft enthält von März bis April den Grundstoff, aus dem Wilhelm Haarmann im Jahr 1874 erstmals das Vanillin synthetisierte. Die Fichte ist der Wirtsbaum einiger Honigtau erzeugender Schild- und Rindenläuse. Hierbei tritt in manchen Jahren, während der Austriebsphase, in welcher der Saft der Leitungsbahnen des Baums besonders zuckerhaltig ist, eine Massenvermehrung dieser Insekten auf. In der Folge kann dies zu einem guten Honigertrag (Waldhonig) von im Wald aufgestellten Bienenvölkern führen. Quelle: Gemeine Fichte, wikipedia 

Fichtenbestand im Schwarzwald auf 1400 m, Feldberg. Foto: Ute Mangold, wiesengenuss

Und noch ein paar Worte zum natürlichen Vorkommen der Fichte und ihrer Sturmbruchgefährdung in tieferen Lagen

Wie oben schon beschrieben gehört die Fichte in Nord- und Mitteleuropa zu den beliebtesten forstlich genutzten Waldbäumen. Der natürliche Verbreitungsschwerpunkt der Fichte lag ursprünglich in den Bergwäldern der Mittelgebirge und den Alpen. Die natürlichen Fichtenwälder beginnen in den Bergen erst ab einer Höhe von 1500 m und reichen bis etwa 2000 m, in den Zentralalpen sogar bis 2400 m hoch. Heute sind diese Naturwälder selten geworden. Die Fichte mag keine Feuchtigkeit und trocken-kaltes Bergklima. Während das Verbreitungsgebiet der Weißtannen sich auf die feuchten Gebirge Mittel- und Südeuropas beschränkte. Im Schwarzwald wuchsen sie gerne an den feuchten Westseiten. Weißtannen können mächtige, bis etwa 70 Meter hohe Stämme entwickeln. Diese Bäume erreichen das stolze Alter von weit über 500 Jahren. Als Schiffsmasten waren die Schwarzwaldtannen in ganz Europa begehrt. Die in früheren Zeiten ausgedehnten, majestätischen Tannenwälder sind bei uns jedoch heute verschwunden.

Die in niedrigeren Lagen angepflanzten Fichtenwälder sind rein aus forstwirtschaftlichen Gründen zur Holz- oder Papiergewinnung angelegt. Da sie in niedrigeren Lagen schneller wachsen und ein weicheres Holz ausbilden, sind sie schädlings- und krankheitsanfälliger und wurden auch wegen ihres flachen tellerförmigen Wurzelwerks massenhaft Opfer von großen Stürmen wie Lothar 1999 und Kyrill 2007. Während die Tannen tiefer wurzeln und ein pfahlförmiges Wurzelsystem haben. Trotzdem hat der Bestand an Weiß-Tannen in den letzten 200 Jahren stark abgenommen. Sie gilt als die schadstoffempfindlichste einheimische Baumart und wurde durch den Sauren Regen, der durch den Schwefeldioxid Gehalt in Rauchgasen verursacht wurde sehr geschädigt. Dazu kam noch der Befall durch eingeschleppte Schädlinge und die Bevorzugung der Fichte gegenüber der Tanne im Waldbau.


Die Sturmschäden von Lothar sind noch immer sichtbar,
hier: Wald bei Haslach im Kinzigtal, Schwarzwald, Foto: Ute Mangold, wiesengenuss


Quellen & Links


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