ISLANDFLECHTE (Lichen islandicus syn. Cetraria islandica)


Isländisches Moos (Cetraria islandica), Illustration aus Köhler’s Medizinal-Pflanzen von 1887, gemeinfrei. Quelle: wikipedia.

Kennt ihr Isländisch Moos? Sicherlich. Als Hustenpastillen und Bonbons gegen Halskratzen gibt es das in jeder Apotheke. Rezeptfrei mit der Beschreibung "Isländisches Moos enthält Schleimstoffe, die gegen Halsschmerzen und trockenen Reizhusten helfen können."

Traditionell hilft sie vor allem bei Atemwegserkrankungen, wirkt aber aufgrund ihres Bitter- und Gerbstoffgehalts auch anregend auf die Verdauungsdrüsen. Vor allem bei zu wenig Magensäure, Völlegefühl und auch bei Magengeschwüren. Dazu ist sie noch die jodhaltigste Landpflanze in Europa. 

Nur ist es kein Moos, sondern eine Flechte. Also eine Symbiose aus Pilz und Alge, die beider guten Eigenschaften miteinander vereinen. Vielleicht hört sich das nicht so gut an und deshalb wurde die Bezeichnung Moos gewählt? Und auch nicht zu verwechseln mit Irisch Moos, das auch kein Moos ist, sondern ein Knorpeltang - oder ein After Shave ;-)

Zur Botanik: Cetraria islandica – auch Isländisches Moos, Islandmoos, Irisches Moos (nicht zu verwechseln mit Irisch Moos), Lichen islandicus, Blutlungenmoos, Fiebermoos, Hirschhornflechte oder Graupen (österreichisch) – ist eine polsterförmig wachsende Strauchflechte
Ich muss gestehen, mit Flechten hab ich mich immer schwer getan in meinem Botanikstudium. Das ist wirklich was für Nerds, die mit der Lupe dran gehen, um eine Flechte von der anderen unterscheiden zu können. Sie gehört zu den blattartigen Gebilden, ohne Stängel und Wurzel, die sich mit Haftorganen am Boden festhalten. Die Oberseite ist olivgrün, silbrig, lederartig und die Unterseite weiß-grau.

Pflanzenwesen: Moose und Flechten stellen die ursprüngliche Entwicklungsform des Pflanzenwesens auf der Erde dar. Bei ihnen betritt das Pflanzenwesen die feste mineralische Erde, während Algen eine durchsonnte "Wassererde", die Pilze eine lichtlose "Monderde" verkörpern. In der Flechtenbildung hat bekanntlich der Pilzprozess das Algenwesen in sich aufgenommen. Die Moose und Flechten sind mit einer ungeheuren Lebenszähigkeit begabt und scheinen keine Grenzen zu kennen, denn sie wachsen auf nacktem Fels und überwuchern totes Holz und Rinde. So werden Tieren und Menschen Lebensmöglichkeiten gespendet, wo sonst keine mehr bestünden. Im hohen Norden wird die Islandflechte gerne von Rentieren gefressen und ist dort mit der Rentierflechte ein wichtiger Nahrungsbestandteil.


https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Cetraria_islandica.jpg

Vorkommen: Sie ist in ganz Europa verbreitet, im Süden jedoch nur in höheren Lagen. Die größten Vorkommen gibt es im Gebirge, in den Schweizer Alpen meist zwischen 1500 und 2500 m Höhe und in Island mit bis zu 20 cm dicken Polstern.
In Norddeutschland kommt sie verstreut zwischen Heidekraut und Moos vor und wächst bis in den hohen europäischen Norden bis zum Nordkap.

Die Flechte wird im Spätsommer und Herbst bei trockener Witterung gesammelt. Zu den Sammelgebieten zählen Skandinavien, der Balkan sowie Russland. Um die wertvollen Inhaltsstoffe zu schonen, sollte das Kraut langsam an einem abgedunkelten Ort trocknen.

Geschichte: Schon im 16. Jahrhundert war die Islandflechte in Hausmittel bei Abmagerung, Durchfall und allen Schwächen der Schleimhäute. Traditionell wurde Hustensirup aus ihr hergestellt. In den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts entdeckte man auch ihre antibiotische Wirkung, gegen Bakterien und Pilze. 

Der Ausschuss für pflanzliche Arzneimittel der EU hat im November 2014 Lichen islandicus als traditionelles pflanzliches Arzneimittel eingestuft. Die zugelassenen Anwendungsgebiete umfassen die Linderung von trockenem Husten und Entzündungen im Mund- und Rachenraum sowie temporäre Appetitlosigkeit. Als Hustentee wird Lichen islandicus pur oder gemischt eingesetzt.

Von Teemeah - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0,
https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=54505348

Wirkstoffe: Die Islandflechte ist eine ganz wichtige Schleimstoffdroge*, neben Spitzwegerich, Eibisch, Malvenblüten sowie Lein- und Flohsamen. Sie enthält über 50% Schleimstoffe (Lichenin), Bitterstoffe, Cetrarin (Eine aus Isländisch Moos gewonnene weiße Substanz , die unter anderem die Cetrarsäure enthält)und dazu typische Flechtensäuren, die alle therapeutisch wirksam sind. Dazu noch viel Kieselsäure (Siliziumoxid), Mineralstoffe wie Magnesium, Kalium, und das schon erwähnte Jod. Und die Vitamine A, B1 und B12 sind enthalten.

*Droge kommt von getrocknet. Als Droge werden in der Pharmazie Drogen oder Arzneidrogen sind haltbar gemachte Teile von Pflanzen, Pilzen, Tieren oder Mikroorganismen und werden meist zur Herstellung von Arzneimitteln verwendet. Sie werden gewöhnlich durch Trocknung haltbar gemacht. Quelle: wikipedia

Wirkeigenschaften: Flechtensäuren zeigen eine bakterio- und fungostatische Wirkung und wirken stark hemmend auf das Wachstum von unphysiologischen Zellen, z.B. bei Narben. Auch bei Akne wird Isländisch Moos eingesetzt. Sogar eine zytostatische Wirkung wird ihm zugeschrieben, da sie freien Wasserstoff binden und in ungiftige Verbindungen überführen kann. 

Flechtensäuren können in Verbindung mit Jod Strahlenschutz bieten, vor allem gegen harte Strahlen wie Röntgenstrahlen. Algen und Flechten haben beispielsweise die Atomversuche der 1960er Jahre und den radioaktiven fall-out von Harrisbourg überlebt. Sie bauen die Radioaktivität schneller ab als andere Pflanzen. Womit sie auch als präventives pflanzliches Krebsmittel eingesetzt wird. 

Wie schon erwähnt, wirkt Isländisch Moos reizlindernd und schützend auf die Schleimhäute im Mund und Rachen und auch bei Entzündungen der Magen- und Darmschleimhaut wird es verwendet. Es wirkt gegen Brechreiz, appetitsteigernd, belebend und durch die Bitterstoffe kräftigend und tonisierend. 

Durch die leicht antibakterielle Wirkung der Flechtensäuren wird Isländisch Moos auch bei Befall von Heliobacter pylori, dem Verursacher von Magen und Zwölffingerdarmgeschwüren, eingesetzt.

Neben der Brennnessel und anderen Bitterstoffdrogen gilt es als eines der stärksten pflanzlichen Mittel zur Anregung der Blutbildung, dies wird auch ihrem Gehalt an Vitamin B12 zugeschrieben. Erfahrungsheilkundlich gut bei Erschöpfungszuständen jeder Art, nach starken Blutverlusten oder auch als Rekonvaleszenz nach schweren Infektionskrankheiten. 

Nebenwirkungen, Gegenanzeigen und Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln sind keine bekannt!

Als Arzneidroge wird die Islandflechte in der Apothekersprache als: Lichen islandicus bezeichnet.

Anwendung: Zerkleinert für Aufgüsse, als Kaltmazerate (Kaltauzüge) oder andere galenische Zubereitungen (vom Apotheker hergestellte) zum Einnehmen, z.B. als Lutschtabletten.


VIDEO auf YouTube - ausführlich und sehr informativ!

Und hier noch ein Video der beiden YouTube-Stars Norman Glatzer und Vanessa Braun von Buschfunkistan: Isländisch Moos - Standort, Merkmale, Ökologie, Verwendung, Geschichte, Quelle Buschfunkistan

Weitere Quellen & Lesenswertes

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