ARTISCHOCKE - als Heilpflanze

CYNARA CARDUNCULUS var SCOLYMUS L.

Cynara cum flore. Basilius Besler, Hortus Eystettensis, Nürnberg ca. 1613

Adam Lonitzer war einer der ersten, der in seinem ‚Kreuterbůch, New zůgericht (1557) die Artischocke in deutscher Sprache beschrieb.

„Die Distel und die Artischocke mehren den natürlichen Samen und reizen zu den ehelichen Werken, deshalb gebrauchen die Romanen die Köpfe der Disteln fleißig in der Speise, in Wasser gekocht und in Olivenöl und Pfeffer zubereitet, um die ehelichen Werke damit zu reizen und zu befördern“.

Heute zählt die Artischocke zu den wichtigsten Arzneipflanzen, wissenschaftlich anerkannt ist die Anwendung von Artischockenblättern bei Verdauungsbeschwerden, vor allem wenn diese mit Leber-Galle Problemen einher gehen.

Die Wilden Vorfahren der Artischocke sind die Kardone (Cardy, le Cardon) und die Kohldistel (Cirsium oleraceum), über die ich ebenfalls Blogbeiträge verfasst habe.

Historisches

Der Legende nach hat Cynara, die Nymphe, sich Zeus verweigert. Aus Zorn über die Abfuhr soll der Göttervater sie in eine Artischocke verwandelt haben.

Eine besondere Kulturform der Cynara, war bereits bei den Griechen und Römern sehr beliebt. Plinius behandelt sie in seiner „Naturalis historia“ und der der berühmte Galen von Pergamon, der Leibarzt von Kaiser Marc Aurel, war empfiehlt einen Sud aus Artischocken und Wein, der harntreibend und desodorierend wirken soll. Im Lorscher Arzneibuch, das eine umfangreiche, vermutlich um 785 in Lorsch verfasste medizinische Handschrift aus der Zeit Karls des Großen ist wurde sie noch aufgeführt, doch dann verschwand sie aus Mitteleuropa. Vermutlich, weil die kälteempfindliche Pflanze nördlich der Alpen nicht mehr angebaut werden konnte.

Botanisches

Die lateinische Bezeichnung der Artischocke lautet Cynara cardunculus, bzw. botanisch genauer ist ihr Name: Cynara cardunculus subsp. scolymus (L.) Hegi, Syn.: Cynara scolymus L. In ihrem botanischen Namen steckt auch schon der Wirkstoff, der in ihr und in einem verdauungsfördernden Magenbitter steckt - das Cynarin. Sie gehört zur Familie der Korbblütler (Asteraceae) und hat distelartigen Charakter, daher auch ihr lateinischer Name ‚cardunculus‘ (kleine Distel).

Vom Garten in die Küche

Die Pflanze benötigt im Garten etwa 1 m² Platz und bevorzugt sonnige, warme Plätze mit nährstoffreichem Boden. Geerntet werden die faustgroßen Blütenköpfe, wenn sie noch geschlossen sind und die äußeren Schuppen leicht abstehen. Verpasst man diesen Zeitpunkt, zeigt sich eine große violette Blüte, die natürlich auch genutzt werden kann, da sie sehr dekorativ ist. Vor einigen Jahren habe ich mir eine Artischocke zugelegt, die die trockenen Sommer gut überstand und sich im Herbst und Winter wieder erholt hat. Die gute Nachricht für mich in Südbaden ist "haben Artischocken einen Winter im Garten überstanden, können sie dort über mehrere Jahre wachsen. Sie erschließen im Laufe der Zeit auch Nährstoffe in tieferen Bodenschichten und bilden immer mehr Blütenknospen." (Quelle: Mein schöner Garten.)

Die Artischocke mag es warm und sie ist relativ frostempfindlich. Sie stammt ursprünglich aus dem Mittelmeerraum und ist vom östlichen Mittelmeer (Kilikien) über Persien bis nach Nordafrika verbreitet. Westlich ist sie von Spanien, Portugal und auf den Kanarischen Inseln heimisch. Sie kam mit den Mauren nach Europa. Der arabische Name ‚al-harsuf‘ oder ‚al-churschufa‘, was essbare Pflanze bedeutet, wurde über das spanische ‚alcachofa‘ zum französischen ‚artichaut‘. Im italienischen zu ‚articiocco‘ und schließlich zu unserer Bezeichnung ‚Artischocke‘. Im englischen heißt sie ‚artichoke‘. Hauptanbaugebiete sind heute Italien, USA, Spanien, Ägypten, Argentinien und Frankreich.

Artischocken als Delikatessen

Roh ist die Artischocke ungenießbar, die Blätter sind hart und schmecken holzig. Sie muss auf jeden Fall gekocht werden! So kann sie ihren leicht süßlichen, nussig bis etwas herben Geschmack entfalten. Die eingelegte Variante aus dem Kühlregal schmeckt leicht säuerlich. Besonders viel Spaß macht es, die Artischocke Blatt für Blatt auszu"zuzzeln", also das zarte Fruchtfleisch am unteren Ende der zarten Blätter zu verspeisen. Bis man sich in den Kern - das Artischockenherz - vorgearbeitet hat. Es ist der Blütenboden der Artischocke, er ist der beste Teil der Artischocke und eine Delikatesse. Die als Delikatesse gehandelten Artischockenherzen enthalten wesentlich weniger Bitterstoffe als die Blätter.

Winterartischocken aus Sizilien, Foto (c) Ute Mangold

Inhalts- und Wirkstoffe

Ihr wichtigster Inhaltsstoff, das Cynarin ist ein Bitterstoff, der den Gallenfluss anregt und sogar leberschützende Wirkung haben soll. Über ihre anregende Wirkung auf die Leber und die Galle hat die Artischocke auch cholesterinsenkende Wirkung.

Weitere Inhaltsstoffe der Artischocke sind Caffeoylchinasäuren, Flavonoide und Sesquiterpen-Bitterstoffe. Ihre Wirkung ist cholagog, was bedeutet, dass sie den Gallenfluss anregen. Indikationen sind dyspeptische Beschwerden, Gallenbeschwerden und Appetitlosigkeit.

Als Gemüse zubereitet, besitzen die Artischocken nicht den gleichen therapeutischen Effekt wie die pharmazeutischen Präparate, da ein Großteil der Wirkstoffe beim Kochen verloren geht.

Arzneilich verwendete Pflanzenteile

Für die arzneiliche Verwendung stammt das pflanzliche Material ausschließlich aus kontrolliert angebauten Blattkulturen in Europa. Sie findet man in Franken, Brandenburg und Thüringen sowie in der Bretagne; auch Importe aus süd- und südosteuropäischen Ländern gibt es.Blätter aus abgeernteten Gemüsekulturen eignen sich nicht. Verwendet werden die getrockneten Blätter von Artischocken-Blattkulturen sowie der Frischpflanzenpresssaft der noch nicht aufgeblühten Artischockenblüten. Die Einnahme von Fertigpräparaten ist vorzuziehen, um die richtige Dosierung der Inhaltsstoffe zu gewährleisten.

Die Qualität folgender Drogen bzw. Drogenzubereitungen ist im Europäischen Arzneibuch (Ph. Eur.) festgelegt:

  • Artischockenblätter (Cynarae folium)
  • Artischockenblättertrockenextrakt (Cynarae folii extractum siccum)

Medizinische Verwendung

Artischockenblätter wurden vom HMPC als traditionelles pflanzliches Arzneimittel (§ 39a AMG) eingestuft. Basierend auf langjähriger Erfahrung können Artischocken­blätter zur Behandlung dyspep­tischer Verdauungs­beschwerden, die mit Völlegefühl, Blähungen und Flatulenz einhergehen, verwendet werden.

Durch klinische Studien belegte Anwendungsgebiete (Zulassung): dyspeptische Beschwer­den besonders bei funktionellen Störungen der ab­leitenden Gallenwege.

ESCOP: Verdauungsstörungen (z.B. Magenschmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Völlegefühl, Flatu­lenz) und Gallenbeschwerden; Unterstützung einer Niedrigfettdiät zur Behandlung einer leichten Hyperlipidämie (erhöhte Blutfettwerte).

Kommission E: dyspeptische Beschwerden.

Hinweise:

Beim Vorliegen eines Gallenverschlusses und bei Gallensteinen oder Leberleiden dürfen Artischockenblätter nicht eingenommen werden, ebenfalls nicht bei Vorliegen einer Allergie gegen Korbblütler (Kreuzallergie möglich).
Zur Anwendung von Artischockenblättern während der Schwangerschaft und Stillzeit liegen noch keine Untersuchungen zur Unbedenklichkeit vor; von einer Anwendung bei Kindern unter 12 Jahren wird wegen mangelnder Erkenntnisse abgeraten.

[Quelle und mehr dazu im Arzneipflanzenlexikon der Kooperation Phytopharmaka]

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