ARTISCHOCKE - als Heilpflanze
CYNARA CARDUNCULUS var SCOLYMUS L.
Cynara cum flore. Basilius Besler, Hortus Eystettensis, Nürnberg ca. 1613 |
„Die Distel und die Artischocke mehren den natürlichen
Samen und reizen zu den ehelichen Werken, deshalb gebrauchen die Romanen die
Köpfe der Disteln fleißig in der Speise, in Wasser gekocht und in Olivenöl und
Pfeffer zubereitet, um die ehelichen Werke damit zu reizen und zu befördern“.
Heute zählt die Artischocke zu den wichtigsten
Arzneipflanzen, wissenschaftlich anerkannt ist die Anwendung von
Artischockenblättern bei Verdauungsbeschwerden, vor allem wenn diese mit
Leber-Galle Problemen einher gehen.
Die Wilden Vorfahren der Artischocke sind die Kardone (Cardy, le Cardon) und die Kohldistel (Cirsium oleraceum), über die ich ebenfalls Blogbeiträge verfasst habe.
Historisches
Der Legende nach hat Cynara, die Nymphe, sich Zeus
verweigert. Aus Zorn über die Abfuhr soll der Göttervater sie in eine
Artischocke verwandelt haben.
Eine besondere Kulturform der Cynara, war bereits bei den
Griechen und Römern sehr beliebt. Plinius behandelt sie in seiner „Naturalis
historia“ und der der berühmte Galen von Pergamon, der Leibarzt von Kaiser Marc
Aurel, war empfiehlt einen Sud aus Artischocken und Wein, der harntreibend und
desodorierend wirken soll. Im Lorscher Arzneibuch, das eine umfangreiche,
vermutlich um 785 in Lorsch verfasste medizinische Handschrift aus der Zeit
Karls des Großen ist wurde sie noch aufgeführt, doch dann verschwand sie aus
Mitteleuropa. Vermutlich, weil die kälteempfindliche Pflanze nördlich der Alpen
nicht mehr angebaut werden konnte.
Botanisches
Die lateinische Bezeichnung der Artischocke lautet Cynara
cardunculus, bzw. botanisch genauer ist ihr Name: Cynara cardunculus
subsp. scolymus (L.) Hegi, Syn.: Cynara scolymus L. In ihrem
botanischen Namen steckt auch schon der Wirkstoff, der in ihr und in einem
verdauungsfördernden Magenbitter steckt - das Cynarin.
Sie gehört zur Familie der Korbblütler (Asteraceae) und hat distelartigen
Charakter, daher auch ihr lateinischer Name ‚cardunculus‘ (kleine Distel).
Vom Garten in die Küche
Die Pflanze benötigt im Garten etwa 1 m² Platz und bevorzugt sonnige, warme Plätze mit nährstoffreichem Boden. Geerntet werden die faustgroßen Blütenköpfe, wenn sie noch geschlossen sind und die äußeren Schuppen leicht abstehen. Verpasst man diesen Zeitpunkt, zeigt sich eine große violette Blüte, die natürlich auch genutzt werden kann, da sie sehr dekorativ ist. Vor einigen Jahren habe ich mir eine Artischocke zugelegt, die die trockenen Sommer gut überstand und sich im Herbst und Winter wieder erholt hat. Die gute Nachricht für mich in Südbaden ist "haben Artischocken einen Winter im Garten überstanden, können sie dort über mehrere Jahre wachsen. Sie erschließen im Laufe der Zeit auch Nährstoffe in tieferen Bodenschichten und bilden immer mehr Blütenknospen." (Quelle: Mein schöner Garten.)
Die Artischocke mag es warm und sie ist relativ frostempfindlich. Sie stammt ursprünglich aus dem Mittelmeerraum und ist vom östlichen Mittelmeer (Kilikien) über Persien bis nach Nordafrika verbreitet. Westlich ist sie von Spanien, Portugal und auf den Kanarischen Inseln heimisch. Sie kam mit den Mauren nach Europa. Der arabische Name ‚al-harsuf‘ oder ‚al-churschufa‘, was essbare Pflanze bedeutet, wurde über das spanische ‚alcachofa‘ zum französischen ‚artichaut‘. Im italienischen zu ‚articiocco‘ und schließlich zu unserer Bezeichnung ‚Artischocke‘. Im englischen heißt sie ‚artichoke‘. Hauptanbaugebiete sind heute Italien, USA, Spanien, Ägypten, Argentinien und Frankreich.
Artischocken als Delikatessen
Roh ist die Artischocke ungenießbar, die Blätter sind hart und schmecken holzig. Sie muss auf jeden Fall gekocht werden! So kann sie ihren leicht süßlichen, nussig bis etwas herben Geschmack entfalten. Die eingelegte Variante aus dem Kühlregal schmeckt leicht säuerlich. Besonders viel Spaß macht es, die Artischocke Blatt für Blatt auszu"zuzzeln", also das zarte Fruchtfleisch am unteren Ende der zarten Blätter zu verspeisen. Bis man sich in den Kern - das Artischockenherz - vorgearbeitet hat. Es ist der Blütenboden der Artischocke, er ist der beste Teil der Artischocke und eine Delikatesse. Die als Delikatesse gehandelten Artischockenherzen enthalten wesentlich weniger Bitterstoffe als die Blätter.
Winterartischocken aus Sizilien, Foto (c) Ute Mangold |
Inhalts- und Wirkstoffe
Ihr wichtigster Inhaltsstoff, das Cynarin ist
ein Bitterstoff, der den Gallenfluss anregt und sogar leberschützende Wirkung
haben soll. Über ihre anregende Wirkung auf die Leber und die Galle hat die
Artischocke auch cholesterinsenkende Wirkung.
Weitere Inhaltsstoffe der Artischocke sind
Caffeoylchinasäuren, Flavonoide und Sesquiterpen-Bitterstoffe. Ihre Wirkung ist
cholagog, was bedeutet, dass sie den Gallenfluss anregen. Indikationen sind
dyspeptische Beschwerden, Gallenbeschwerden und Appetitlosigkeit.
Als Gemüse zubereitet, besitzen die Artischocken nicht den gleichen therapeutischen Effekt wie die pharmazeutischen Präparate, da ein Großteil der Wirkstoffe beim Kochen verloren geht.
Arzneilich verwendete Pflanzenteile
Für die arzneiliche Verwendung stammt das pflanzliche
Material ausschließlich aus kontrolliert angebauten Blattkulturen in Europa.
Sie findet man in Franken, Brandenburg und Thüringen sowie in der Bretagne;
auch Importe aus süd- und südosteuropäischen Ländern gibt es.Blätter aus
abgeernteten Gemüsekulturen eignen sich nicht. Verwendet werden die
getrockneten Blätter von Artischocken-Blattkulturen sowie der
Frischpflanzenpresssaft der noch nicht aufgeblühten Artischockenblüten. Die
Einnahme von Fertigpräparaten ist vorzuziehen, um die richtige Dosierung der
Inhaltsstoffe zu gewährleisten.
Die Qualität folgender Drogen bzw. Drogenzubereitungen ist
im Europäischen Arzneibuch (Ph. Eur.)
festgelegt:
- Artischockenblätter
(Cynarae folium)
- Artischockenblättertrockenextrakt
(Cynarae folii extractum siccum)
Medizinische Verwendung
Artischockenblätter wurden vom HMPC als
traditionelles pflanzliches Arzneimittel (§ 39a AMG) eingestuft.
Basierend auf langjähriger Erfahrung können Artischockenblätter zur Behandlung
dyspeptischer Verdauungsbeschwerden, die mit Völlegefühl, Blähungen und
Flatulenz einhergehen, verwendet werden.
Durch klinische Studien belegte Anwendungsgebiete
(Zulassung): dyspeptische Beschwerden besonders bei funktionellen Störungen
der ableitenden Gallenwege.
ESCOP:
Verdauungsstörungen (z.B. Magenschmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Völlegefühl,
Flatulenz) und Gallenbeschwerden; Unterstützung einer Niedrigfettdiät zur
Behandlung einer leichten Hyperlipidämie (erhöhte Blutfettwerte).
Kommission E:
dyspeptische Beschwerden.
Hinweise:
Beim Vorliegen eines Gallenverschlusses und bei
Gallensteinen oder Leberleiden dürfen Artischockenblätter nicht eingenommen
werden, ebenfalls nicht bei Vorliegen einer Allergie gegen Korbblütler
(Kreuzallergie möglich).
Zur Anwendung von Artischockenblättern während
der Schwangerschaft und Stillzeit liegen noch keine
Untersuchungen zur Unbedenklichkeit vor; von einer Anwendung
bei Kindern unter 12 Jahren wird wegen mangelnder Erkenntnisse
abgeraten.
[Quelle und mehr dazu im Arzneipflanzenlexikon der
Kooperation Phytopharmaka]
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